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Slawenlegende by Lothar Greil
VORWORT ZUR 2. AUFLAGE
Der bekannte englische Historiker und Geschichtsphilosoph Arnold Joseph Toynbee faßte die desolat-mangelhafte Geschichtsbildung unserer Epoche in den Worten zusammen: „Unsere geschichtliche Schau gleicht dem Gesichtsfeld, wie es etwa ein Pferd zwischen seinen Scheuklappen oder ein U-Boot-Kommandant beim Blick durch sein Periskop vor sich hat." Diese richtige und in ihren Konsequenzen unheilvolle Feststellung bedarf lediglich einer Ergänzung: von derart eingeengter, somit jeglicher Wunsch- und Zielvorstellung geöffneter Betrachtungsweise der Geschichte schlechthin reicht nur ein kleiner Schritt zu ihrer Manipulation. So gesehen, werden --- im Gefolge daraus entstandener Pseudogrundlagen - die Werkzeuge auf Lügen und Fälschungen basierender Machtpolitik demjenigen in die Hände manövriert: der sie mangels eigener historisch fundierter Substanz bedenkenlos zur Durchsetzung seiner hintergründigen Absichten einsetzen kann.
Wir sind heute Zeugen dieser Politik, die sich die geballten Kräfte des europäischen Ostens, mit der vom Russentum bestimmten Sowjetunion als Vorreiter, zu eigen und nutzbar gemacht haben, deren Wurzeln tatsächlich in ferne Zeiten zurückzuverfolgen sind. Als Werkzeug stellt sich der vor über 100 Jahren aus der Retorte raffinierter Geschichtsalchimisten geborene sogenannte Panslawismus dar. Die ungeheuerlichen Auswirkungen dieser in die weltumstürzende Praxis verwandelten Theorie unerbittlicher, aggressiv bestimmter Expansion durch „das Slawentum" aller Spielarten sind evident. Das menschenmögliche dazu trugen und tragen unwissende Historiker, teils „von Rang und Namen", und in deren Gefolge dilettantische oder bestochene Politiker des Westens bei.
Am Taufbecken des gigantischen Völkerbetruges und am voll entfalteten Reifeprozeß der daraus entwachsenen weltbedrohenden Tragödie standen und eiferten - sozusagen als Geburtshelfer, Ziehväter und Wegbereiter explosiver panslawistischer Energieentladung -- Bluts- und Artverwandte der "Slawen": philanthropische Schwarmgeister, phantasierende Philosophen, in "Scheuklappensicht" historisierende Geschichten- und Märchenerzähler und kosmopolitisierende Intellektuelle --deutscher Zunge!
Seit etwa 170 Jahren webten - und knüpfen bis auf den heutigen Tag -- an dem Netz der Lüge mit größter Vehemenz, die einer besseren Sache wert wäre, vor allem deutschsprachige „Slawen"-Begünstiger (Slawophile). Ob dieses seltsame Treiben sträflich-fahrlässig, bewußt und absichtsvoll oder aber durch gekaufte Kreaturen vor sich geht, ist unerheblich. Tatsache bleibt, daß diese Spezies geistiger Hilfsarbeiter genau nach dem deprimierenden Fazit Bismarcks handelt, wonach so manchen Deutschen seit eh und je daran gelegen ist, in erster Linie die Belange fremder Nationen (er meinte damals aus besonderem Anlaß: "der polnischen"!) anstatt die vitalen Interessen des eigenen Volkes zu verfechten. Niemand also sollte darüber erstaunt sein, daß dienstbeflissene Hilfestellung deutscherseits die Agitatoren des Panslawismus geradezu animiert, mit der Anvisierung immer weiter gesteckter Ziele das deutsche Volk --- und mit ihm auch Rest-Europa -- in die Enge zu treiben.
Begünstigt --- oder besser noch: ausgelöst -- wurde dieser in der Weltgeschichte einmalige Vorgang allerdings von einer schon im Mittelalter durch klerikale Reichsfeinde ins Werk gesetzten „Vorprogrammierung". Systematisch experimentierte und operierte man schon vor 900 Jahren im Zuge der Ostchristianisierung byzantinischer, vor allem aber vatikan-römischer Provenienz mit dem mönchslateinischen Wortbegriff "sclavi" - daraus erst sehr viel später der Sprach-Homunkulus „Slawen" -, um diesen dem noch aus der Antike stammenden und im ganzen zisuralischen Ostraum ortsansässigen indogermanischen Vielvölkerbrei der Iranier, Skythen, Sarmaten, Nord- und Ostgermanen sowie (in Nordrußland) der Ugro-Finnen als gegen die mitteleuropäische Ordnungsmacht Deutsches Reich gerichtetes Unterscheidungs-Siegel aufzudrücken. Die Resultate derartiger Machinationen vermag man unschwer aus dem „sprungweisen Vorarbeiten" der aus einst deklassierten germanischen und anderen arischen Völkerschaften "kunstvoll" geschmiedeten "großen slawischen Nation" gegen den verblüfften Westen abzulesen. Das Rätseln, ob es sich bei den willigen Helfershelfern hierzulande um eigensüchtige Herostraten oder um "altruistische" Schreibtischagenten handelt, dürfte auch hier ein müßiges Unterfangen sein.
So hat es -- um nur eines von hunderten makabrer Beispiele, und das aus jüngster Zeit, zu nennen -- vor wenigen Jahren erst der bundesdeutsche Historiker (und „Neu-Slawophile") Percy Ernst Schramm in einer seiner Schriften fertiggebracht, den großartigen Lehrer und Berater Kaiser Ottos III. (983-1002), den fränkischen Erzbischof Gerbert von Reims (etwa 945---1003), in unzulässiger, aber umso arroganterer Manier zu „korrigieren". Gerbert, der den unberechtigten Ansprüchen des Kaisers von Byzanz (Ostrom) auf die römische Kaiserkrone seines jungen Herrn Otto mit aller Schärfe entgegentrat, tat dies u. a. mit folgender überlieferter, schriftlicher Formulierung: „Kräfte spendet das früchtereiche Italien, das männerreiche Gallien und Germanien, und nicht fehlen uns die tapferen Reiche der Skythen . . ." Textergänzend setzt Schramm in Klammern hinter Skythen: (d. h. Slawen)! So macht man das. Rudolf Pörtner schildert Gerbert (den späteren deutschgesinnten Papst Silvester II.) in einem seiner neuesten Werke „Das Römerreich der Deutschen" u. a. wie folgt: „Gerbert war der größte Gelehrte seiner Zeit, ... und ein seltsamer Fremdling auf der Bühne des ausgehenden 10. Jahrhunderts: ein geistreicher, zuchtvoller und rationaler Kopf, dem Plato und Cicero mehr bedeuteten als die Verheißungen der Bibel oder die eruptiven Schriften der Kirchenväter." Und während man im „Großen Brockhaus" (Ausg. 1956) nachlesen kann, Gerbert „war einer der größten Gelehrten seiner Zeit, seine Kenntnisse auf dem Gebiet der Naturwissenschaft und Mathematik brachten ihm den Ruf des Zauberers ein", lastet Prof. Schramm 1000 Jahre später und posthum dem wissendsten Mann seiner Zeit an, statt „der Slawen" der dort bestehenden Skythenreiche Erwähnung getan zu haben.
Dies ist nur ein, dafür aber besonders typischer Fall, mit welcher Impertinenz deutsche „Historiker" die überlieferte -- und auch bewiesene - Geschichte zugunsten fremder Interessen umzumodeln, d. h. zu verfälschen wagen. Bischof und Kanzler Gerbert, „der größte Gelehrte seiner Zeit", aber wußte natürlich genau, was er sagte und schrieb: die von ihm zitierten Skythenvölker bewohnten damals ganz Süd- und Mittelrußland, „Slawen" aber existierten „noch" lange nicht. Sonst hätte der korrekte Wissenschaftler d i e s e genannt.
Wer aber waren nun "die Slawen", ein Volk, dessen "Hauptstamm" noch nicht einmal mit eigenem Namen aufwarten konnte, oder eine zielgerichtete kirchenpolitische Manipulation?
Woher kamen "die Polen", waren sie als "slawischer" Volksstamm plötzlich aus der Versenkung aufgetaucht oder stellen auch sie das Produkt einer wohlberechneten - klerikalen - Kunstschöpfung (des 13. Jahrhunderts) dar? Und wer eigentlich bewohnte das böhmisch-mährische Becken, waren und sind es Germanen bis auf den heutigen Tag oder etwa "Tschechen", denen man nach jahrhundertelanger Vor- und jahrzehntelanger Präzisionsarbeit diese konstruierte Bezeichnung als geistig-politische Trennmauer zum Deutschtum aufgezwungen hat? Waren "die Wenden" der Mark Brandenburg sowie anderer mittel- und norddeutscher Gebiete einst etwa "Slawen" gewesen oder nicht vielmehr heidnisch gebliebene, erst später zwangschristianisierte Germanen? Was spielten die Bulgaren für eine Rolle, auf welche Weise traten Serben und Kroaten ins Licht der Geschichte?
Als Hebel für die Zangengeburt der „slawischen Nationen" fungierte das Phänomen der sogenannten "Glagolica", der glagolitischen Kunst- und Geheimsprache. Dieses mit peinlicher Akribie ausgeklügelten Gebildes bedienten sich dazu bestimmte und berufene Kleriker des Mittelalters im höheren Auftrag der Romkirche: die überwiegend germanisch-blütigen Menschenmassen des Ostraumes sollten mit anderen Zungen reden lernen, ihre Brudervölker in Mitteleuropa nicht mehr verstehen können, ihnen sich somit bis zur Eifersucht, Rivalität und offenen Feindschaft entfremden! Auf diese Weise glaubte man, das Reich der Deutschen nun auch von Osten her in sicheren Griff zu bekommen. Wann und wie kam es zur Aufpfropfung dieser Glagolica, eines wahrhaft satanischen "Kontra-Esperanto"?
Und eine Kardinalfrage: Bildeten die deutschen Ostgebiete einschließlich Danzig, Westpreußen, Posen/Wartheland und weitere Landstriche östlich und südlich davon - dazu die nördliche Balkanregion - in ihrer Frühzeit derartige Vakuen, daß sich "die Slawen" vom sogenannten "Karpatenhorst", ihrem "Urwohnsitz" (wie einige "Wissenschaftler" allen Ernstes behaupten), in die „menschenleeren Wüsteneien" - sich lawinenartig vermehrend - ergießen konnten, dabei auch gleich fein säuberlich in "Ost-, Nord-, West- und Südslawen" zerlegt? Oder waren Ost- und Balkanraum nach wie vor von germanischen, keltischen, illyrischen und anderen verwandten Stämmen dichtbesiedelt geblieben, wobei es dann im Zuge der „großen slawischen Landnahme" unweigerlich zu Vernichtungskriegen ungeahnten Ausmaßes hätte kommen müssen, aus denen "die Slawen" als Sieger hervorgingen - worüber aber weder Archäologie noch Historie etwas zu berichten wissen? Woher kommt es, daß es in der Tat gar keinen „slawischen Typ" gibt und geben kann?
In der vorliegenden brillant abgefaßten Dokumentation beantwortet der Verfasser nicht nur diese und zahlreiche andere entscheidenden Fragen, sondern erklärt auch, wer eigentlich „wir Deutschen" sind, wie das Deutschtum in Europas Mitte entstehen konnte, welche grundlegenden Gemeinsamkeiten infolge kontinentaler Mischungsstrukturen zwischen allen Völkern Europas, besonders in dessen Osten und Südosten, es zum Kern einer großen Schicksalsgemeinschaft werden ließen.
Die prägnanten Aussagen dieses Buches tragen ganz wesentlich zur endgültigen Aufhellung und Richtigstellung der Völkergeschichte Europas bei, indem sie unter Verwendung unwiderlegbaren Quellenmaterials, durch Anhäufung historisch exakt bewiesener Fakten und wichtiger Zitate, schließlich aber mit der Argumentationskraft des unbestechlichen (und unbestochenen) Forschers, des unbeeinflußten (und unbeeinflußbaren) Historikers die Schleier der Unwahrhaftigkeit, Fälschung und Geschichtsklitterung, die über lange Jahrhunderte von „interessierten" Hintergrundkreisen und ihren Vollzugsorganen in Politik, verweltlichter Kirche, bestellter Geschichtsschreibung und „Forschung" über die Völker des Großraums Europa gesenkt wurden, zerreißen. Der trügerische Verputz gelenkter "orthodoxer Historienmalerei" wird entfernt und damit das wahre Bild des europäischen Geschichtsgebäudes freigelegt. Mit einer kalkulierten Legendenbildung und -pflege wird hier endlich Schluß gemacht.
Das unter Anlegung eines souveränen geistigen Maßstabes geschriebene Geschichtswerk mit seiner das Gesichtsfeld des Interessierten weitenden Schau möge nun dazu beitragen, nicht nur im deutschen Volks- und Lebensraum anhand unumstößlicher Tatsachen die durcheinander geratenen und festgefahrenen Fronten zu klären, sondern auch den Weg freizukämpfen für die Auffindung und Nutzbarmachung historisch geprägter Artverwandtschaft der um die Wahrheit ihrer Vergangenheit betrogenen Menschen dieses Erdteils. Nicht zuletzt aber zum Wohle der über zahlreiche Generationen hinweg falschinformierten Völker Europas, vornehmlich derjenigen des großen germanisch-indoarischen Ostraumes. Vor den unausbleiblichen Folgen der Fortdauer einer tragischen Fehlentwicklung der Geschichte, der zu durchsichtigen Zwecken - mittels infamer Manipulierungen - künstlich erst „Probleme" oktroyiert wurden, eindringlich zu warnen, darf als Hauptaufgabe dieser bedeutenden Schrift .
Guntram F. Döllnitz
- SLAWENLEGENDE -
Die Deutschen Opfer einer irrigen Geschichtsbetrachtung
von
Lothar Greil
Einleitung
(Seite 7-11)
Im Oktober 1917 eröffnete eine entschlossene politische Minderheit von nicht mehr als 23 600 Mitgliedern der bolschewistischen Fraktion - Partei der Bolschewiki („Maximalisten") gegen die Massenmehrheit von 160 Millionen Menschen des russischen Imperiums die blutigste Revolution der Geschichte. Unter ihren Führern Lenin (recte Uljanow), Trotzki (recte Bronstein), Dserschinskij, Litwinow (recte Finkelstein), Lunatscharskij, Kamenew (recte Rosenfeld) und Sinowjew (recte Apfelbaum) erzwang sie in einem grausamen Bürgerkrieg und nach Liquidierung von 18 Millionen „Klassenfeinden" die Diktatur über die gewaltsam proletarisierten Massen der brutal entmündigten Völker des Ostens.
Kaum im Sattel, griffen die sowjetischen Taktiker auf panslawistische Parolen zurück, um ihrer im Zeichen der „Weltrevolütion" betriebenen Expansion nach Westen Inhalt und Stoßkraft zu verleihen. Heute steht die Sowjetmacht als Trägerin einer „slawischen Revision" 50 Kilometer vor Hamburg, an der Elbe, in Thüringen, Böhmen, vor den Toren Wiens und - jenseits 150 Kilometer vor den Dardanellen. Ihre Erfüllungsgehilfen im Westen sind eifrig bemüht, die Anerkennung der erreichten ,.slawischen Grenzen" durchzusetzen und den bolschewistischpanslawistischen Aggressoren die restliche Erfüllung der einst von den Mongolen-Chanen der Goldenen Horde genährten und seit 300 Jahren von allen moskowitischen Nachfolgern der Beherrscher des „russischen Uluss" konsequent gehegten Wunschträume zu versprechen.
Den Verfechtern der kommunistisch-panslawistischen okkupationspolitik und ihren Kollaborateuren dienen vor allem die groben Irrtümer der bisherigen Geschichtsschreibung als dogmatisch bestimmende Argumentations- und Propagandagrundlage. Um die geforderte Anerkennung der Oder-Neiße-Demarkationslinie als künftige deutsch-polnische „Friedensgrenze" durchsetzen zu können und die „Rechtmäßigkeit" des Raubes deutscher Volksgebiete - darunter auch das Hultschiner Ländchen, das Sudeten- und Egerland, der Böhmerwald, DeutschMähren, die Nordteile Ober- und Niederösterreichs, die Untersteiermark und Unterkärnten - in ihrer Glaubhaftmachung theoretisch zu untermauern, betreiben tschechische, polnische und deutsche (!) Wissenschaftler - hochbesoldet und von den Machtträgern des Ostblocks großzügig unterstützt - eine unermüdliche „Forschungsarbeit", deren Ergebnisse sich in der Literatur ihrer jeweils zuständigen „Akademie der Wissenschaften" niederschlagen, außerhalb des sowjetischen Kolonialreiches unkritisch und zum Teil wohlwollend aufgenommen werden und grob vereinfachend in „Aufklärungsschriften" aller Art zusammengefaßt die an Zahl ständig zunehmende, in allen Bereichen des öffentlichen und gesellschaftlichen Lebens unheilvoll dominierende Schicht der Halbgebildeten Westeuropas und der USA beeinflussen.
Wie in Polen dem intellektuellen Nachwuchs weisgemacht wird, die Westgrenze der Slawen sei eigentlich die Elbe und das Verwaltungsgebiet der sogenannten DDR umfasse in Wahrheit „slawisches Volkstum", das einstmals einer gewaltsamen Germanisierung zum Opfer gefallen sei, so impft man dem tschechischen Schulkind schon seit geraumer Zeit ein, der Rückgewinnung „altslawischen Bodens" in Schlesien, Böhmen und Mähren müsse eines Tages auch jene der „angestammten Gebiete" im Süden bis zur Donau zwischen Passau und der Slowakei folgen. Solcherart bauen die tschechischen Kommunisten vorsorglich eine Bewußtheit auf, die im Zuge erhoffter Entwicklungsvorgänge einer angestrebten Okkupation des oberösterreichischen Mühlviertels und des niederösterreichischen Wald- und Weinviertels den nötigen „nationalen" Rückhalt sichern soll. Die Erfolge der seit über 100 Jahren zäh durchgesetzten slawophilen Propaganda haben immerhin gezeigt, wie verhältnismäßig rasch sich derartige Ansprüche verwirklichen lassen; zumal sich ja die Mehrheit der Deutschen in Volkstumsfragen bisher nicht nur instinktlos und passiv verhielt, sondern in entscheidenden Augenblicken auch jeden ernstzunehmenden Selbstbehauptungs- und Widerstandswillen vermissen ließ.
Die seit Jahrzehnten fest verankerte und für Deutschland politisch folgenschwer gewordene Begriffsbestimmung „Slawen" als Sammelbezeichnung für eine Vielzahl unterschiedlichster Volksgruppen im ost- und südosteuropäischen Raum war noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts vollkommen unbekannt. Erst vor rund 150 Jahren unternahmen es czechisch-hussitische Agitatoren, in Anlehnung an das im frühen Mittelalter für alle „Heiden" ostwärts der Linie Elbe-Saale-Moldau-Enns-Mur-Dalmatinische Küste gebrauchte Vokabel „Sclavi" eine „Verwandtschaft" und damit „völkische Gemeinsamkeit" aller „Slawen" abzuleiten und den „historischen" Gegensatz zwischen ihnen und den Germanen zu propagieren. Das Experiment glückte mit Hilfe Petersburgs, weil die „Slawen"-Theorie geeignet schien, den russischen Expansionsbestrebungen die hochwillkommenen Züge einer „Befreiungspolitik" zu verleihen.
Anfangs religiös getarnt, stellten sich die sogenannten „Slawophilen" Rußlands in den Dienst der tschechischen Geschichtsfälschung. Später - besonders nach dem Panslawisten-Kongreß zu Moskau im Jahre 1867 - gewährten die Zaren den Trägern des „panslawistischen" Kampfes gegen die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie im Interesse der russischen Balkanpolitik offene Unterstützung.
Dieser Vorgang wäre an sich nicht besonders bemerkenswert, da ja das Mittel der Geschichtsfälschung zu allen Zeiten für die Verschleierung oder Begründung machtpolitischer Absichten in Anspruch genommen wurde.
Viel erstaunlicher hingegen ist die Tatsache, daß deutsche Wissenschaftler, Geschichtsschreiber, Literaten und Verleger unbekümmert, gedankenlos oder aus opportunistischen Gründen die historisch widersinnige Wortfindung „Slawen" übernahmen und sie schließlich zum verbindlichen Faktum erhoben. An allen Universitäten unwidersprochen gelehrt, in allen Schulen der Jugend eingehämmert, fand die Slawen-Theorie natürlich auch in allen Geschichtsbüchern, Atlanten und Nachschlagewerken ihren - nicht mehr bezweifelten - Niederschlag.
Welches Unheil damit angerichtet wurde, ist zu ermessen, wenn man bedenkt, daß alle Generationen, die seit dem Ausklingen des 19. Jahrhunderts heranwuchsen, schon als Kinder eine Schau eingepflanzt bekamen, die - beinahe wie ein Dogma hingenommen - zu abwegigen Beurteilungen und Fehleinschätzungen führen mußte. Die steril-defensive Propagandapolitik der Deutschen zwischen den beiden großen Kriegen und die erst unsinnige, später unsicher-zwiespältige Behandlung von Volkstumsfragen im Osten mit ihren verheerenden Auswirkungen sind der beste Beweis für die unerhörte Gefährlichkeit allgemein geglaubter Irrtümer; insbesondere dann, wenn sie einmal von der Schulwissenschaft in die Lehrmeinung aufgenommen wurden.
Diese unverständliche nationale Fehlleistung forderte schließlich auch während des ersten Weltkrieges und danach die maßlosen Gebietsansprüche der Polen und Tschechen geradezu heraus und offenbarte der Welt - weil nicht revidiert - eine indirekte deutsche Anerkennung „historisch" begründeter „slawischer" Annexionen im ostdeutschen Raum. Denn, wer im Rückblick auf das Mittelalter den damals rein germanisch besiedelten Volksraum Ostelbiens bis zur Weichsel, wer Böhmen, Mähren, das heutige Niederösterreich und die Gebiete Karantaniens (Kärnten, Krain und Südsteiermark) sowie Pannoniens (Ungarn) als Volksitze „slawischer" Stämme bezeichnet, wird schwerlich dem Argument begegnen können, die Deutschen hätten in ihrem expansiven „Drang nach dem Osten" als Kolonisatoren „alteingewanderte slawische" Völkerschaften entweder unterjocht, ausgerottet oder nach Osten zurückgedrängt.
Bekanntlich begründen die Panslawisten und ihre modernen sowjetischen Bannerträger die erfolgte Westexpansion Rußlands und seiner „slawischen" Satelliten mit der Behauptung, eine notwendige und geschichtlich gerechtfertigte Revision herbeigeführi zu haben. Demnach wären auch die Deutschenaustreibungen allein im Lichte einer folgerichtigen und ausgleichenden Entwicklung zu sehen. Das ist eine Lesart, der endlich energisch und konsequent entgegengetreten werden muß; Vorbedingung hierfür ist allerdings eine furchtlos vertretene Richtigstellung irreführender Geschichtsschablonen. Dazu bedarf es natürlich einer Wissensgrundlage, die im schulischen Bereich heute ungeachtet aller Erkenntnisse der modernen Forschung weniger denn je vermittelt und damit den meisten Menschen unseres Lebenskreises vorenthalten wird.
Die vielfältigen Irrtümer, Legenden, Farbtöne politisch-propagandistisch bestimmter Aufzeichnungen, Verschleierungen, Ungenauigkeiten der Chronisten, Auslegungen, Begriffsverschiebungen, Tatbestände bewußten Verschweigens und eine wechselnde Anpassung des Geschichtsbildes an die religiöse oder politische Gewandung, Rechtfertigung oder Weltanschauung der jeweiligen Machtträger haben uns im Wandel der Zeit spätrömische und byzantinische Geschichtsschreiber, Christianisierung, dynastische und kirchenpolitische Betrachtungsweisen, Reformation und Gegenreformation, Romantik, Liberalismus, Machtund Kriegspropaganda und nicht zuletzt die Väter und Jünger der marxistisch-bolschewistischen Weltanschauung beschert. Aus dem jahrhundertelang angerichteten Verwirrungszustand vermochten in unserem „aufgeklärten" und „fortschrittlichen" Säkulum allein die sowjetischen Ideologen eine folgerichtige Nutzanwendung zu ziehen. Alle übrige Welt fand sich nicht mehr zurecht und verfing sich heillos im Gestrüpp aus Halbwissen, Fehldeutung und Betrug. Das erklärt auch die allgemeine Hilflosigkeit engagierter Gegner des Marxismus gegenüber den teils falschen, teils rabulistisch vorgebrachten Argumenten der Ostblock-Agitatoren.
Nachdem es geschehen konnte, daß im angeblich „freien" Westteil Deutschlands dem grassierenden Landesverrat mit den Freibriefen der „Liberalisierung" Tür und Tor geöffnet und der Verzicht auf unveräußerliches Eigentum des Gesamtvolkes zum primären außenpolitischen Anliegen einer „Regierung" wurde, ist es endlich an der Zeit, die Ursachen allen Übels an ihrer Wurzel freizulegen und die Schleier des ungeheuren Betrugs, der das schöpferische Europäertum dem Untergang zutreibt, rechtzeitig zu lüften.
Der Ballast überholter Fehlvorstellungen muß endlich abgeworfen werden. Ohne die klare Korrektur irreführender Geschichtslehren ist weder eine erfolgreiche Zurückweisung kommunistisch inspirierter „slawischer" Gebietsansprüche, noch die Besinnung der artverwandten europäischen Völker auf ihre Gemeinsamkeiten möglich. Von der ungetrübten Sicht und der Wiedererweckung eines gemeinsamen Bewußtseins aber wird die Befähigung dazu abhängen, die drohende und mit allen Minderwertigen der politischen Unterwelt verbündete Zerstörungsmacht des bolschewistischen Moskowitertums kraftvoll abzuwehren und den unterjochten Volksteilen im Osten die Freiheit zu erkämpfen.
OSTGERMANIEN
Ursprung - Volkstum - Begriffe
(seite 12 - 26)
Entgegen noch immer vertretener schulischer Auffassung liegen die wesentlichen Entwicklungsmerkmale der mittel- und ost*europäischen Völkergeschichte für den vergangenen Zeitraum von 3000 Jahren - von der vergleichenden Wissenschaft in ihrer Vielschichtigkeit erhärtet - wie ein offenes Buch vor uns. Nach Verschmelzung der atlantischen Kulturkreise der Megalithiker (Großsteingräberleute), Streitaxtleute (Schnurkeramiker) und norddanubischer Bandkeramiker bildete sich zwischen 2500 und 2000 v. d. Ztw. vorwiegend in den küstennahen Räumen der Ost*und Nordsee ein Gesamtvolk mit gemeinsamen Kultvorstellungen, Sitten und Sprachformen aus, das wir vereinfachend - ebenso wie die schon vorher bis nach Kleinasien und in den heutigen Iran vorgedrungenen Hethiter, Kassiten und Hurriter, die nach Thessalien, Boiotien und Arkadien gewanderten mykenischen Griechen und andere den russischen Raum bevölkernde Stämme - als indogermanisch bezeichnen. Zwar erreichte noch in der Jüngeren Steinzeit ein aus den Weiten des Ostens kommender Vorstoß finno-ugrischer Teilstämme die Randzonen der indogermanischen Wiege, wurde aber aufgesogen und vermählte das Fremdvolk mit nordischen und donauländischen Schlägen. Schnell wachsender Volkreichtum~ führte die Indogermanen zu stetiger Ausbreitung und ausgedehnten Landnahmezüyen die Wasserstraßen entlang, insbesondere nach dem Süden und Südosten Europas bis nach Nordafrika, in den Vorderen Orient und nach Mittelasien; später - im 13. Jahrhundert v. d. Ztw. - erzwangen schwere und weltweite Naturkatastrophen eine organisierte Großwanderung, deren gezielte Bewegungen folgenden Verlauf nahmen: den Seeweg an der Westküste Europas entlang ins Mittelmeergebiet und Besetzung des damals noch fruchtbaren Libyen; auf dem Landweg durch Mitteldeutschland und Böhmen bis an die Donau, von dort durch das Inntal über den Brenner nach Italien und Sizilien; donauabwärts, durch das Tal der Morava und des Vadar nach Griechenland, Besetzung der Ägäischen Inseln und Zyperns, weiter durch Kleinasien, Syrien und Palästina bis an die ägyptische Grenze. Alle diese Wellen erzeugten Abspaltungen, die sich dann eigenständig weiterent*wickelten. So entstanden jene indogermanischen Völker, deren Namen uns immer wieder begegnen: in Europa die Ligurer, Illyrer, Dorer, Thraker, Phryger, Geten, Kelten, Römer, Germanen usw. oder die indo-iranischen Eroberer des Alten Orients wie etwa die Uratäer, Kimmerier, Massageten, Baktrier, Meder, Perser, Inder und Parther, denen auch Sarmaten und Skythen zugezählt werden.
Allein unter den im norddeutschen Raum zwischen Ems und Oder, in Schleswig-Holstein, Jütland, auf den dänischen Inseln und in Südskandinavien zurückgebliebenen und sich gegenseitig befruchtenden Teilen des indogermanischen Urvolks haben wir - der römischen Begriffsbestimmung folgend - die Germanen zu verstehen, deren Sprache um die Mitte des 1. Jahrtausends v. d. Ztw. zum Gemeingermanischen wurde. Zunehmende Volksvermehrung bewegte auch sie zur Ausbreitung und damit verbundenen Landnahme.
Inzwischen hatte die von den Großvölkern der Illyrer und Thraker getragene sogenannte „Lausitzer Kultur" in weiten Teilen Mitteleuropas ihre Hochblüte erreicht. Auf sie trafen im 6. Jahrhundert v. d. Ztw. die vordringenden germanischen Bastarnen und Skiren in Schlesien, nachdem es den dort siedelnden und von einem Burgengürtel geschützten Illyrern gelungen war, einen harten Ansturm skythischer Reiterscharen abzuweisen. Eine erste frühgermanisch-illyrische Mischkultur entstand.
Nach einer germanischen Streubesiedlung - zwischen 1000 und 400 vor unserer Zeitrechnung wurden weite Gebiete der Kelten und Illyrer auf meist friedlichem Wege besetzt und die artverwandten Volksgruppen assimiliert - sind ab dem 8. Jahrhundert v. d. Ztw. auch ostwärts der Weichsel die Bastarnen als erster größerer Volksverband nachweisbar. Ein Teil von ihnen brach dann um 300 v. d. Ztw. von den Wohnsitzen an der oberen Weichsel auf und siedelte nördlich der Donaumündung, während die Goten in den Weichselraum einrückten und zusammen mit Gepiden und Bastarnen den Handel bis in den Orient hinein aufblühen ließen. Durch die Ost-Südostwanderung wandalischer und burgundischer Teilstämme erfuhr der Siedlungsraum zwischen Oder und Weichsel im 2. Jahrhundert v. d. Ztw. eine weitere Ausdehnung. Einhundert Jahre später nahmen Wandalen das Wartheland, Galizien und das mittlerweile von einer dünnen keltischen Oberschicht beherrschte Schlesien in Besitz. Der wandalische Stamm der Silingen gab Schlesien seinen Namen. Nach Nordosten reichte zu dieser Zeit der wandalische Siedelbesitz bis in den Süden Litauens.
Um 350 v. d. Ztw. hatte ein mit den indogermanischen Sakarauken, Massageten und Choresmiern verwandter iranischer Volksverband, der in die Sammelbezeichnung Sauromaten oder Sarmaten einzuordnen ist, die Skythen (= griechische Sammelbezeichnung für die viehzüchtenden iranischen Reitervölker in den Steppengebieten ostwärts des Kaspischen Meeres, nördlich des Kaukasus und des Schwarzen Meeres bis nach Westen an die Donau heran) teilweise nach Norden gedrängt und das linke Donauufer bis in das heutige Ostungarn besetzt. Während sich die sarmatischen Roxolanen mit den Geten im südrumänischen Donaugebiet verbanden, behaupteten die ebenfalls sarmatischen Jazygen ihren neuen Volksraum zwischen Donau und Theiß gegen die Illyrer und später gegen die römische Macht. Andere Sarmatenstämme gingen Bündnisse mit den Skythen ein und wandten sich nach Norden. Sie bildeten jene skytho-sarmatischen Volksteile, die in der römischen Kaiserzeit den Sammelnamen Venethi erhielten und deren neugewonnenes Siedlungsund Weidegebiet zwischen Weichsel und Wolga als Sarmatien bekannt wurde. Wie nahe verwandt das Volkstum der „Venethi" dem germanischen war, bezeugt Tacitus mit der Feststellung, daß er die „Venet(h)i lieber zu den Germanen zähle".
Schließlich sammelten sich um 50 v. d. Ztw. am Oberlauf des Dnjepr stärkere Sippengruppen der Skytho-Sarmaten zu einem aktionsfähigen Sonderverband, während eine andere, mit illyrischen, thrakischen und bastarnischen Elementen vermischte Sarmatengruppe am Bug zu siedeln begann. Auch im Südwesten verbanden sich bald darauf skytho-sarmatische Stämme mit germanischen Carpern, versicherten sich der Tributpflichtigkeit der keltischen Cotiner sowie der illyrischen Osern und ließen sich endlich als Nachbarn der Jazygen an der oberen Theiß nieder. Sie und die Jazygen zählten nach der Zeitenwende zu den wichtigsten und treuesten Verbündeten der Markomannen und Ouaden in den Kriegen gegen die Römer.
Mit Ausnahme der unter gotischem Herrschaftseinfluß stehenden finno-ugrischen Restvolksgruppen der Fenni (Finnen) an der Düna und der Aestü (Esten) an der Memel wies der Großgermanische Raum im Osten um das Jahr 14 n. d. Ztw. bis zur allgemeinen Nord-Süd-Linie Peipus-See - Pripet - Pruth (NO Karpaten) und im Süden bis zur Donau zwischen Regensburg und Budapest sowie in Ausdehnungsausläufern im Raum des Theiß-Ursprungs und beiderseits des Dnjestr kein fremdes Volkstum auf. Der übrige Ostraum bis zum Ural wurde von verwandten indogermanischen Stämmen behauptet, die vorwiegend Herden*haltung betrieben und daher in den Weiten Rußlands die ihnen günstigsten Lebensbedingungen gefunden hatten.
Im 2. Jahrhundert wurden wandalische Jungmannschaften dazu bestimmt, in Pannonien an den Kämpfen gegen die Römer teilzunehmen. Der zurückgebliebene Großteil der Wandalen aber gründete unter der Führung der Goten ein neues Großreich zwischen Oder und Wolga, das von Goten und Gepiden mählich ausgedehnt, im Jahr 375 vom Schwarzen Meer bis zur Ostsee und vom Dnjestr bis zum Ural reichte. Nördlich des Kaukasus zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer siedelten bereits die Alanen als anerkannte Herren skytischer Stämme im gleichen Raum, desgleichen Heruler im Küstengebiet des Asowschen Meeres.
Zwischen Oder und Weichsel, Wandalen und Goten unmittelbar benachbart, hatten die Burgunder ihre Wohnsitze. Großteile von ihnen wichen aber nach Kämpfen mit Gepiden aus ihrer Heimat an Warthe und Netze, durchzogen in Etappen Brandenburg und die Lausitz und schieden, da sie bei den germanischen Bruderstämmen überall nur als Gäste geduldet wurden, auf ihrem Zug nach dem Westen im 4. Jahrhundert aus dem damaligen großgermanischen Raum aus.
Ostwärts des Elbe-Ufers zog sich - einschließlich des Havellandes - von Norden her über die Lausitz mit Vorsprüngen bis zum Riesengebirge wie ein breiter Wall das Siedlungsgebiet starker suebischer Völkerschaften. Die Gemeinschaft der Alemannen hatte sich zwischenzeitlich bis an Rhein und Donauoberlauf vorgeschoben und der ebenfalls suebische Bund der Markomannen und Quaden den damals wie heute bedeutsamen böhmisch-mährischen Raum gesichert.
Skandinavische Expeditionen führten unterdessen zur Gründung von Stützpunkten an der Wolga und gaben den landeinwärts vordringenden normannischen Warägern (Wäringer) - von den Finnen „Rus" (--„Ruderer") genannt - Rückhalt für die Befestigung ihrer Herrschaftsgebiete am Ladogasee.
Während alles dies seinen Verlauf nahm, näherte sich das Hunnen-Unheil der germanischen Welt im Südosten. Der erste Mongolensturm überrannte schließlich die Alanen zwischen Wolga und Kuban ebenso wie die Reiteraufgebote der am Asowschen Meer siedelnden Heruler und des Pontischen Reiches der Goten.
Während sich Alanen, Heruler und Ostgoten (Ostrogothi) als Vasallen des mongolischen Heerkönigs Rugaa behaupten konnten, zogen es die Westgoten (Visigothi) nach einer verlustreichen Schlacht am Dnjestr vor, teils nach Siebenbürgen, teils nach Mösien auszuweichen. Den Gepiden und Jazygen an der Theiß wiederum blieb nichts anderes übrig, als sich ebenfalls in das hunnische Vasallenreich eingliedern zu lassen. Im folgenden schicksalhaften Abwehrkampf des weströmischen Reiches gegen die Hunnen verströmte auf beiden Seiten wertvolle germanische Kraft. Die Hauptlast und damit den höchsten Blutzoll trugen in der Entscheidungsschlacht auf den sogenannten Katalaunischen Feldern (451) als Kern des hunnischen Heeres die Ostgoten, Gepiden, Heruler, Rugier, Skiren, Alanen, Burgunder, Thüringer und Franken, auf der Gegenseite unter der Führung des weströmischen Heermeisters Aetius und seines westgotischen Verbündeten, Theoderich L, die Westgoten, Alemannen, Sachsen, Fran*ken, Wandalen und germanischen Legionen Roms.
Erst Attilas Tod (453) löste die Erhebung der germanischen Gefolgschaften gegen die Hunnenherrschaft aus. Am Fluß Nedao besiegte der Gepidenkönig Hardarik das letzte Heer des asiatischen Steppenvolkes. Versprengt und aufgesplittert traten die Reste der Hunnen als Soldtruppen in byzantinische Dienste oder verloren sich wieder nach Osten.
Wenn uns eine höchst oberflächliche Geschichtsbetrachtung lehrt, das Erscheinen der Hunnen habe die organische Entwicklung in Osteuropa nachhaltig unterbrochen, die germanischen Stämme in Bewegung gebracht und damit eine allgemeine „Völkerwanderung" ausgelöst, so entspricht diese Sicht keineswegs den tatsächlichen Vorgängen.
Vom Einfall der asiatischen Reiter wurden - wie bereits erwähnt - ausschließlich Alanen, Heruler, Ost- und Westgoten, Gepiden und weit im Westen die Burgunder am Rhein direkt betroffen; das heißt aber nicht, daß sie deshalb - mit Ausnahme der Westgoten - ihre Wohnsitze verlassen oder ihre Lebensweise geändert hätten. Zur Heerfolge verpflichtet, stellten sie dem hunnischen Großkönig lediglich beachtliche Kriegerkontingente für die verschiedenen Feldzüge zur Verfügung. Ihre schier unerschöpfliche Volkskraft litt dadurch ebensowenig wie jene der mittel- und westgermanischen Großstämme, die nicht nur unentwegt überschüssiges Jungvolk an das römische Reich abgegeben, sondern auch selbst immer wieder ausgedehnte Kriegs- und Beutezüge unternommen hatten. Herrschaftsverschiebungen, stammesmäßige Überlagerungen und Expeditionen führten im weiten ostgermanischen Raum nicht einmal übergangsweise zu Verdünnungen, geschweige denn zu vorübergehender Entvölkerung. Die Behauptung von der Entstehung „leerer" Räume als Folge des „Abzugs ganzer Völkerschaften" gehört dem Bereich der Legende an.
So sind die germanischen Treck- und Heeresbewegungen im frühen Mittelalter - sofern es sich nicht um begrenzte Aktionen oder Ausfälle handelte - ebenso wie die vorübergehenden oder bedingt dauerhaften Reichsgründungen der Westgoten in Illyrien und Spanien, der Gepiden ostwärts und der Heruler westlich der Theiß, der Goten in Pannonien, der Rugier in Niederösterreich, Steiermark und Slowakei, der Markomannen, Quaden und Naristen im böhmisch-mährischen Raum mit Ausdehnung auf das später bayerische Stammesgebiet, der Langobarden an der Unterelbe, in Pannonien und Oberitalien, der Ostgoten in Italien mit Einschluß der Südküste Frankreichs und der Provinzen Raetien, Noricum und Pannonien bis an die Donau sowie Dalmatiens, der Sweben und Alanen in Spanien und der Wandalen in Spanien und Nordafrika nicht etwa das Ergebnis gewaltiger Völkerverschiebungen, sondern allein expansive Wirkmerkmale des Ausscheidens besitzloser oder unternehmungsfreudiger Jungmannschaften samt Kind und Kegel aus dem Verband ihrer gleichnamigen Hauptstämme. Stets dann, wenn junge Bauernkrieger wieder zum Aufbruch rüsteten und sich ihren Führer für eine Landnahmefahrt erkoren, blieb der Kern der besitzenden Führer- und Bauernschaft im jeweiligen alten oder neu hinzugewonnenen Siedlungsgebiet zurück. Deshalb finden wir zum Beispiel noch in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts volkreiche und blühende germanische Stammlande unter der Herrschaft der Goten im baltischen Raum und zwischen Weichsel und Memel, der Wandalen, Rugier und Heruler zwischen Elbe und Oder, der Goten am Schwarzen Meer, der Gepiden ostwärts der Theiß, der Langobarden in Pannonien und der Markomannen und Quaden im böhmisch-mährischen Raum. Das Verhältnis zu den Skytho-Sarmaten, die zwischen Bug und Dnjepr unter gotischem Einfluß nach wie vor das Leben berittener Viehzüchter und Jäger führten, war unverändert geblieben.
Ungleich verheerender als der Hunnenvorstoß wirkte sich dann der awarische Einbruch in den germanischen Donau-Raum aus.
Da er gleichzeitig eine erste Phase der nachhaltigen Störung volkticher Kontinuität in Osteuropa augenfällig markierte, ist es notwendig, der Ursache Aufmerksamkeit zu schenken und den Zusammenhang herzustellen.
Nach Vereinigung türkischer Stämme mit den ihnen verwandten Uiguren hatte der altaische Stammesfürst Tumyn um 552 eine umspannende Nomadenherrschaft in Zentralasien errichtet und damit den Anstoß zur türkischen Expansion nach Westen gegeben. Finnische Stammesverbände wichen dem Druck, verließen ihre Wohngebiete am Irtysch und trieben am Aralsee vorbei dem Einfallstor nach Europa nördlich des Kaspischen Meeres entgegen. Ihnen folgten Mongolen, teils mit den Türken verbündet, teils ihnen ausweichend. Auf diese Weise gelangten die finno-ugrischen Bulgaren, iranische Stämme mit sich reißend, an das Schwarze Meer. Sie wurden jedoch bald von dem turk-tatarischen Reitervolk der Warchuni, die sich zur Erhöhung ihres Kriegsrufes den Namen der kämpferischen Awaren Innerasiens zugelegt hatten, überholt, um alsbald in den Herrschaftsbereich der nachrückenden mongolischen Chazaren zu geraten. An der unteren Wolga aber sammelten sich bereits die Petschenegen und am Ostufer der Kaspi-See die Kumanen. Was im Erscheinungsbild der Bulgaren noch heute an die Mongolen erinnert, ist nicht geringfügig auf die Blutseinflüsse jener Zeit zurückzuführen.
Im Gegensatz zu den Hunnen, die den tributpflichtigen Vasallen Wohnsitze und volkliche Freiheit belassen hatten, unterwarfen die Awaren blutig alles, was auf ihrem Wege lag, und erzwangen von den ausgeplünderten Überlebenden ausnahmslos erniedrigende Frondienste. Insbesondere die überrannten - einst kulturell hochstehenden und kriegsbewährten - Sarmaten wurden beinahe ausgerottet und ihr Rest fristete in kleinen Sippenverbänden als rechtloses Acker- und Troßknechttum ein äußerst kümmerliches Dasein.
Nachdem die Awaren den D'jnestr überschritten und sich im heutigen Bessarabien ausgebreitet hatten, zerstörten sie im Bündnis mit den Langobarden im Jahr 567 das Gepidenreich an Theiß und Donau. Trotz aller Verträge mit den neuen asiatischen Nachbarn rüsteten die Langobarden schon wenig später zum Aufbruch, um 568 mit Masse - in ihrem Gefolge auch Gepiden und Jungmannschaften anderer germanischer Stämme -
nach Oberitalien zu ziehen. Ein kleinerer Teil von ihnen drängte im Verein mit gotischen, wandalischen, herulischen und rugischen Scharen in den böhmisch-mährischen Raum und übernahm dort vorübergehend die Herrschaft über Markomannen und Quaden.
Pannonien blieb den Awaren überlassen; von dieser Basis aus unternahmen sie in den folgenden zweihundert Jahren ihre Streif- und Raubzüq_e über die mittlere Donau hinweg nach Süden und nach Westen bis an die Enns und in das Herzstück Karantaniens. Nur mit Mühe vermochten die bayerischen Herzöge der awarischen Machtausweitung Grenzen zu setzen. Erst unter Karl d. Gr. gelang die völlige Vernichtung des räuberischen Reitervolkes. Fränkische, bayerische und langobardische Heere säuberten 795 nach Erstürmung der vorgelagerten awarischen Ringwälle an der Kamp in Niederösterreich und im Wienerwald die feindbesetzten Lagergebiete bis an die Raab, schlugen im Herbst des gleichen Jahres unter Herzog Erich von Friaul das Hauptheer der Awaren und zerstörten den Großring zwischen Theiß und Donau. Das verödete Donautal, die ausgemordeten Landstriche des Tullner- und Marchfeldes, des Leitha-Gebietes, die menschenleer gewordenen Flächen der ungarischen Tiefebene sowie die entvölkerten Täler und Becken Karantaniens im Bereich der Enns, der Mur und der Drau harrten der Neubesiedlung. Vorwiegend bayerische, aber auch alemannische, rugische und fränkische Krieger, Bauern und Handwerker - der König selbst versprach ihnen Privilegien und großzügige Unterstützung - folgten dem herzoglichen Ruf.
Der alte Völkerdamm gegen die asiatische Einfallspforte südlich des Urals aber war zerbrochen. Mongolische Eindringlinge lagerten unangefochten im Zwischenfeld.
Entlang der unteren und mittleren Donau waren lediglich die iranischen Stämme der Chorwatten und Zeriuani -- den Awaren vorauseilend - einer gnadenlosen Unterjochung entronnen. Sie gehörten einst jenen indo-germanischen Eroberern an. die im 6. Jahrhundert v. d. Ztw. über den Kaukasus hinweg ihre Landnahmezüge bis Afghanistan ausgedehnt hatten. Von einfallenden Türken zu Beginn des 7. Jahrhunderts n. d. Ztw. aufgescheucht, waren sie aufgebrochen, um den Rückweg in die uralte Heimat an der Donau anzutreten. Am Ende ihres abenteuerlichen und entbehrungsreichen Zuges fanden sie schließlich Zuflucht innerhalb der schützenden Grenzen des oströmischen Reiches zwischen dem Velebit-Plateau südlich von Fiume und der Save sowie im Bergland an der Drina. Aus der Mischung mit ansässigen germanischen und illyrisch bestimmten Bevölkerungsgruppen entwickelten sich dort die Einheiten der Kroaten (Krobatten) und Serben (Raizen) der vorosmanischen Zeit.
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