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View Full Version : Hexenglaube und Hexenangst



Aragorn
12-01-2008, 10:23 PM
Der Glaube an Hexen ist ein sehr altes, weltweites phänomen, das in enger Beziehung zum Schamanismus steht. Dass vor allem frauen als Hexen galten, die Feldfrüchte verderben, geheimnisvolle Riten vollziehen, Krankheiten anhexen und Liebeszauber durchführen können, hat viele gründe. Sicherlich spielt die weibliche Neigung zu Vision und Wahragerei ebenso eine Rolle, wie die Kenntnisse bei der Bereitung von Heilmitteln und die damit verbundene Nähe zur Natur. Gestallt gewann die Vorstellung von der Hexe in antiken heidnischen frauenkulten um die griechische Göttin der Jagd und der Fruchtbarkeit Artemis und ihrer römischen Entsprechung Diana. Seit dem Mittelalter galten nicht nur Frauen die zaubern konnten, als gefährlich, sondern auch jene, die ohne Mann ihrer Seite waren. Die Angst vor den Hexen war motiviert durch die Angst der Männer, speziell des herrschenden Klerus, vor der ungezügelten Frau. Ihre Freiheit wurde besonders als sexuelle freizügigkeit ausgelegt. Das konnte nur bedeuten, dass sie satanischen Einflüssen unterstand. Die frauen- und sexuelfeindliche Grundhaltung der kirche erleicherte es ihr, solche Frauen als Hexen zu dämonisieren. Auch gesellschaftlich unbequeme Männer kamen in den Verdacht, Hexer zu sein. Da der Wolf als das Teufelstier schlechtin galt, vermutete man, dass sich bestimmte Hexer nachts in reissende Werwölfe verwandeln. Man nahm an, der werwolf sei ein >>versipellis<< (Hautumdreher). Als Werwolf stülpe er nachts sein Fell nach Aussen, das tagsüber, wenn er sich in seiner menschlichen Gestalt zeigt, nach ihnen gekehrt sei.

diese absonderliche Theorie, die der französische Rechtsgelehrte Jean Bodin (1530-1596) in seiner berühmt-berüchtigten >>Démonomanie des Sorciers<< (Dämonenlehre der Hexenmeister) aus dem Jahr 1580 aufstellt, wurde zum Anlass für die schlommsten Marterungen genommen. Verdächtigen wurde stückenweisse die Haut vom Leibe gezogen, um die behaarte Innenseite zu finden, Konnte die nicht gefunden werden, bedeute das für die Gwquälten jedoch weder Beweis der Unschuld noch Rettung. Die Ängste des Volkes vor Menschen mit übernatürlichen Begabungen verstand die Kirche geschickt zu nutzen, indem sie in allen unerklärlichen Phänomenen das Treiben des Teufels festtelle. Das führte vor allem zwischen 1500 und 1700 zu gnadelosen Hexenverfolgungen, bei denen verdächtige Frauen der Teufelsschaft (crimen exceptum) oder der Zauberrei (crimen magiae) angeklagt wurden. Durch Folter sollten Hexen und Hexer erkannt und schliesslich vernichtet werden. Diese Hetzjagd brachte nicht nur grausame Misshandlungen mit sich, um Gestandnisse zu erzwingen, sondern auch die Erfindung immer neuer gottesurteille (ordalien): In Wasser-, Feuer- und Blutproben wurde eine höhere Macht angerufen, Unschuld zu enthüllen oder Schuld zu strafen. Der Flämische Arzt Johannes Wierus (1515-1588) war einer der Ersten, der sich verhement gegen die Ansicht ausprach, die Hexen stünden mit dem Teufel im Bunde. Er stellte eine psychologische Theorie auf, wonach es sich um >>melancholische personen>>handele, die sich einen Teufelspakt lediglich einbilden würden. Sie seien eher >>erbarmens- als strafwürdig>>. Aber noch bis in 18. Jahrhundert wurden viele kranke, die ein psycho-pathologischen Leiden hatten, bezichtigt, dem Hexenglauben anzuhängen.

1484 erliess Papst Innozenz VIII., selbst einer der unwürdigsten Päpste der Renaissancezeit, die so genannte Hexenbulle, wodurch die verfolgung vermeintlicher Hexen verhängnisvoll gefördert wurde. Unter Einbeziehung der Bulle veröffentlichten 1487 Heinrich Institoris und Jacob Sprenger den so genannten Hexenhammer (Malleus Maleficarum), in dem sie das Hexenwesen darstellten und anleitungen zu dessen Bekämpfung gaben. Unter dem einfluss dieses diffamierende Werkes steigerte sich der Hexenglaube zum Hexenwahn. Eine regelrechte Massenverfolgung setzte ein, zunächtst in Frankreich und im Verlauf des 16. Jahrhunderts auch in Deutschland. Begünstigst wurde dieser Massenwahn durch die Übernahme des römisch-rechtlichen Inquisitionsprozesses und der Folter, die praktisch jede Angeklagte der Hexerei überführte und so den Hexenwahn immer wieder aufs Neue bestärkten.