Obwohl die Nationalsozialisten dem Projekt HAFRABA in den späten 1920er Jahren sehr ablehnend gegenüber standen, versuchte der HAFRABA-Verein nach der faschistischen Machtergreifung hartnäckig, den neuen Machthabern die eigenen Pläne doch noch schmackhaft zu machen, sahen sie darin möglicherweise doch die letzte Chance zur Verwirklichung ihres Projektes. Das gelang ihnen dann im Frühjahr 1933 auch recht schnell, versprach diese Idee doch die Erfüllung gleich mehrerer Visionen Hitlers. Leistungsfähige Fernstraßenverbindungen paßten gut in den Rahmen des Großmachtstrebens. Auch versprach ein solch großes Bauvorhaben die Möglichkeit, zumindest zeitweise einer beachtlichen Zahl Arbeitsloser zu Lohn und Brot zu verhelfen und damit die Sympathie vieler Menschen für die Nationalsozialisten zu wecken oder zu festigen. Nicht außer Acht gelassen werden darf auch die Möglichkeit, die Autobahnen für militärische Transporte zu nutzen, obwohl anfänglich die Militärs dieser Option sehr skeptisch gegenüber standen, sahen sie darin doch auch die Möglichkeit für ein schnelles Vorwärtskommen feindlicher Truppen im Falle eines Einmarsches in Deutschland. Nicht zuletzt tangierten diese Ideen Hitlers bekanntliche Vorliebe für Autos auf sehr schmeichlerische Art und Weise, so dass es nicht lange dauerte, bis die neuen Machthaber von dem Projekt begeistert werden konnten. Diese verdrehten dann die Wahrheit, indem die wahre Urheberschaft des Autobahnprojektes systematisch verleugnet und propagandistisch dem Führer selbst zugeordnet wurde. Der irreführende Begriff der "Straßen des Führers" prägte lange über die Nazizeit hinaus die Diskussionen über die Autobahnen. |
Hauptproblem eines solch gigantischen Projektes war natürlich die Finanzierung, wobei für die Nazis eine spätere privatwirtschaftliche Nutzung (Gebührenerhebung) der fertigen Straßen nicht zur Diskussion stand, womit wiederum eine rein private Finanzierung ausschied.
Die Autobahnen wurden hauptsächlich über Kredite finanziert. Bis zur Einstellung der Bauarbeiten im II. Weltkrieg wurden 6,5 Mrd. Reichsmark in den Autobahn-Baustellen verbaut, wovon nur für 1,9 Mrd. RM Kostendeckung bestand. Die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft mußte den Bau und Betrieb der Autobahnen bewerkstelligen und sich somit selbst eine ernsthafte Konkurrenz schaffen. Bestand doch bis dahin ein weitestgehendes Monopol der Eisenbahnen insbesondere im Ferntransport, welches langfristig durch die Autobahnen gebrochen wurde. Die Projektierung der Reichsautobahnen wurde der Reichsbahn aufgezwungen; immerhin besaß sie die einzigen Experten für die Trassierung und den Bau von leistungsfähigen Verkehrswegen. Durch die Finanzhoheit der Reichsbahn beim Autobahnbau sollte der Eindruck erweckt werden, dass es zu keiner Konkurrenzsituation zwischen den beiden Verkehrsträgern kommen könne. Möglicherweise haben das damals viele Verantwortliche sogar selber geglaubt.
Nachdem sich die politische Führung den Autobahnbau auf ihre Fahnen geschrieben hatte, ging es mit der Planung und Projektierung außerordentlich zügig voran. Am 01.05.1933 verkündete Hitler den Bau neuer Kraftfahrbahnen und verknüpfte damit propagandistisch das Ziel der Schaffung einer großen Zahl von Arbeitsplätzen. |
Am 27.06.1933 wurde das Gesetz zur Errichtung eines Unternehmens Reichsautobahnen erlassen, wozu es am 7. August die erste Durchführungsverordnung gab. In diesem Zusammenhang wurde auch der Posten eines Generalinspektors für das deutsche Straßenwesen geschaffen, welchen Dr.-Ing. Fritz Todt (04.09.1891 - 08.02.1942) am 30.06.1933 von Hitler übertragen bekam, der ihn erst im Februar 1933 persönlich kennen gelernt hatte. Todt hatte 1931 zu Problemen des Landstraßenbaues promoviert und war auch aufgrund seiner beruflichen Erfahrungen ein ausgewiesener Fachmann in Sachen Straßenbau. Er empfahl sich aber für diese äußerst einflußreiche Position vor allem als rücksichtsloser Parteikarrierist und SA-Mann und avancierte in den Folgejahren zu einem der wichtigsten Männer in Hitlers Nähe. Mit Wirkung vom 30.11.1933 wurde sein Amt zu einer obersten Reichsbehörde erhoben, was Todt faktisch einem Reichsminister gleich stellte, immerhin wurde dadurch der Einfluß des Reichsverkehrsministeriums beim Autobahnbau eingeschränkt.
Am 18.08.1933 wurde die HAFRABA zwangsweise in die GEZUVOR (Gesellschaft zur Vorbereitung der Reichsautobahnen e.V.) umgewandelt, die alle gesetzgeberischen Voraussetzungen für den Autobahnbau schaffen sollte und unter maßgeblicher Kontrolle des Generalinspektors Todt stand. Damit war defacto das Ende des Vereins HAFRABA besiegelt und die Nationalsozialisten eigneten sich dessen umfangreiche Vorarbeiten an. |
Bereits am 23.09.1933 erfolgte mit gewaltigem propagandistischen Aufwand der erste Spatenstich zum Autobahnbau in der Nähe von Darmstadt, was nur aufgrund der schon weit gediehenen HAFRABA-Planungen möglich war. Die Nazi-Propaganda verfolgte das Baugeschehen auch weiterhin mit größter Aufmerksamkeit. Jede Eröffnung eines fertiggestellten Autobahnteilstückes oder auch nur einer größeren Brücke wurde umfangreich publiziert und stark überhöht kommentiert.
Im Jahr 1933 wurden aber keine nenneswerten Baufortschritte mehr erzielt, der Baubeginn mit dem symbolischen ersten Spatenstich hatte ausschließlich den Charakter einer Propaganda-Veranstaltung. Erst am 21.03.1934 wurde an insgesamt 22 Baustellen gleichzeitig die von Hitler so bezeichnete "Arbeitsschlacht" gestartet, was einem tatsächlichen Baubeginn wesentlich näher kam. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal 20000 Arbeiter auf den Baustellen tätig und im Verlaufe des Jahres 1934 wurden außer grundlegenden Erdarbeiten und einigen begonnenen Brückenbauten kaum vorzeigenswerte Bauergebnisse erzielt. Der gesamte Zementverbrauch vom September 1933 bis Ende 1934 lag bei nur 192000 t, und damit nur rund bei einem Zehntel dessen, was im Jahr 1938 verbaut wurde. |
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Das im September 1933 festgelegte Grundnetz enthielt neben einigen Verbindungsstrecken folgende Hauptlinien:
A |
Lübeck -Hamburg - Hannover - Fulda - Würzburg - Heilbronn - Stuttgart - Donaueschingen |
B |
Köln - Frankfurt(M) - Mannheim - Heilbronn |
C |
Königsberg - Stettin - Berlin - Leipzig - Bayreuth - Nürnberg |
D |
Eisenach - Bamberg - Nürnberg - Lindau sowie München - Salzburg |
E |
Ruhrgebiet - Hannover - Berlin |
F |
Ruhrgebiet - Paderborn - Eisenach - Leipzig/Chemnitz - Dresden - Bautzen - Liegnitz - Breslau |
G |
Hamburg - Berlin - Breslau |
H |
Bremerhaven - Bremen - Hannover - Halle - Leipzig |
I |
Köln - Frankfurt(M) - Würzburg - Nürnberg |
J |
Ruhrgebiet - Bremen - Hamburg
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Links des Rhein waren keine Strecken beabsichtigt, ebenso sollten die Kraftfahrbahnen im allgemeinen nicht näher als 30 km an die Außengrenzen des Reichs herangeführt werden. Um teure Brückenbauten zu reduzieren und die Kosten für den Grunderwerb in Grenzen zu halten, sollten die Kraftfahrbahnen nicht unmittelbar durch Städte und Ballungszentren hindurch geführt werden. |
Die weiteren Planungen konzentrierten sich dann auf folgende fünf Autobahn-Hauptachsen:
In Nord-Süd-Richtung:
- Strecke Berlin - München (heutige A9)
- Strecke Hamburg - Stuttgart (streckenweise heutige A7)
in West-Ost-Richtung
- Strecke Ruhrgebiet - Hannover - Berlin - Ostpreußen (heutige A2)
- Strecke Ruhrgebiet - Thüringen - Sachsen - Schlesien (heutige A4)
- Strecke Stuttgart - München - Salzburg (heutige A8)
Ergänzt wurde das Netz dieser Hauptlinien durch eine Reihe von Querverbindungen und Tangenten. In kaum einer Streckenkarte, die in den 1930er Jahren zum Autobahnbau veröffentlicht wurde, tauchten nicht veränderte Varianten und Trassenführungen auf.
Eine Karte mit dem 6900 km umfassenden Grundnetz und seinen Ergänzungslinien sowie dem Stand der Planungen und Bauarbeiten vom 01.05.1935 (Größe 1000 x 835 Pixel, 226 KByte) ist hier verfügbar. Einige dieser damals angedachten Strecken sind nie realisiert worden; andere wurden erst nach dem II. Weltkrieg in Angriff genommen, wieder andere erst nach der deutschen Wiedervereinigung, allerdings dann nicht mehr auf den ursprünglichen Planungen basierend.
Ab 1936 sollten jährlich 1000 km Autobahnstrecken fertiggestellt werden, was aber nur unter größten Mühen 1937 und 1938 gelang. |
Um einen möglichst zügigen und von äußeren Problemen freien Baubeginn zu ermöglichen, wurde die Gesellschaft Reichsautobahnen mit sehr restriktiven Enteignungsrechten ausgestattet. Zwar unterschieden diese sich nicht grundlegend von dem Recht der Deutschen Reichsbahn auf Enteignung bei wichtigen Bauvorhaben, aber in dieser Zeit war die Entwicklung des Eisenbahnnetzes in Deutschland weitestgehend abgeschlossen und die Reichsbahn benötigte kaum mehr neue Grundstücke. Völlig anders war das aber bei den Autobahnen. Der gesamte benötigte Grund und Boden mußte zunächst erworben werden, was unter normalen Umständen viele langwierige Rechtsstreitigkeiten zur Folge gehabt hätte. Um jedewede Verzögerung der Baumaßnahmen durch solche Einflußnahmen auszuschließen, wurde der Gesellschaft Reichsautobahnen sogar das Recht eingeräumt, benötigten Grund kurzfristig in Besitz zu nehmen, bevor überhaupt ein Enteigungsverfahren eingeleitet wurde. Zwar mußte die Enteignung dann formaljuristisch binnen 6 Monaten nachgeholt werden und es mußte eine angemessene Entschädigung gezahlt werden, aber ernsthafte Möglichkeiten für Widersprüche gegen die Enteignung hatten die Grundstückseigentümer nicht. Für extreme Härtefälle, zum Beispiel in ihrer Existenz bedrohte Bauernhöfe, wurde ein Umlageverfahren angestrebt, bei dem Ersatzgrund zur Verfügung gestellt werden sollte. Letztlich entschied bei Enteignungsstreitfällen der Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen, gegen dessen Entscheidungen es keine Rechtsmittel gab. |
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