Autobahnbau in Deutschland: Vorgeschichte und Baubeginn


Ein weiterer wichtiger Meilenstein in der Vorgeschichte der Autobahnen ist der 1927 eröffnete Nürburgring bei Adenau in der Eifel. Bereits der zwei Jahre währende Bau dieser ersten große Automobil-Rennstrecke in Mitteleuropa war in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine gut organisierte große Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, so dass auch die erst mehrere Jahre später begonnenen Bauarbeiten an den Autobahnen nicht einmal in diesem Punkt eine Vorreiterrolle für sich in Anspruch nehmen können. Auch die Eingliederung und Anpassung dieses technischen Kunstwerkes an die umgebende Landschaft spielte bei der Planung des Nürburgrings eine ebenso bedeutsame Rolle wie später beim Autobahnbau. Galt doch der Nürburgring viele Jahre als landschaftlich schönste Rennstrecke der Welt. Die Rennstrecke wurde ebenso wie die AVUS auch als Teststrecke für neue Kraftfahrzeuge konzipiert und genutzt, wozu unter anderem auch extrem steile Abschnitte mit bis zu 27% Steigung integriert wurden. Es wurden auch unterschiedliche Fahrbahnbeläge erprobt. Der Bau des Nürburgring erbrachte für den Straßenbau im allgemeinen und besonders für den Autobahnbau viele wertvolle Erfahrungen, immerhin war es die erste Straße Deutschlands mit wasserundurchlässiger Deckschicht.
Im Jahr 1924 wurde die "Studiengesellschaft für den Automobilstraßenbau" STUFA gegründet, aus der am 6. November 1926 die Interessengemeinschaft HAFRABA abgeleitet wurde. Hinter dem Kunstwort HAFRABA verbirgt sich die Abkürzung "Hansestädte - Frankfurt - Basel", jedoch wurde die Strecke über Basel hinaus bis nach Italien angedacht (siehe nachfolgende Karte links unten). Diese Autostraße sollte ursprünglich privat finanziert und betrieben werden. Für ihre Benutzung war eine Gebühr vorgesehen, was schon damals große politische Probleme verursachte.
Die Verantwortlichen der HAFRABA suchten mit großen Elan in der Industrie, bei den Industrie- und Handelskammern sowie bei den Kraftfahrzeug-Herstellern nach Verbündeten und Geldgebern.
Es gelang dieser Interessengemeinschaft in der Folgezeit nicht, zum einen die verantwortlichen Verkehrspolitiker der Weimarer Republik von ihrem Vorhaben zu überzeugen und zum anderen selber ausreichende Geldmittel für dieses gewaltige Projekt aufzubringen. Es wurden jedoch vielfältige Anstrengungen unternommen, die Idee zu publizieren.
Da sich in dieser Zeit das Verkehrswesen im allgemeinen und der Straßenverkehr im besonderen in einer stürmischen Entwicklung befand und allgemeiner Aufmerksamkeit sicher war, gab es vielfältige wissenschaftliche und politische Tagungen zu diesem Thema, die das ideale Podium boten, auf das kühne Projekt dieser Nur-Auto-Straße aufmerksam zu machen.
Die HAFRABA stellte ein für damalige Verhältnisse technisch und finanziell äußerst ehrgeiziges Projekt dar, das jedoch in einer Zeit wirtschaftlicher und politischer Krisen kaum eine reale Chance auf Verwirklichung hatte. Umso bemerkenswerter ist die Energie, mit der Ihre Befürworter ihr Ziel verfolgten. Zur gleichen Zeit wurde im Rheinland eine vierspurige Autostraße von Köln nach Bonn (siehe Karte rechts) nicht nur projektiert sondern mit öffentlichen Geldern auch tatsächlich gebaut.
Zwar waren deren Ausmaße um ein Vielfaches geringer, dafür gelang aber die Realisierung. Baubeginn war im Oktober 1929, die Einweihung der 20,2 km langen kreuzungsfreien Straße konnte am 06.08.1932 gefeiert werden. Der Bau der Strecke umfaßt auch die Errichtung von 32 Brückenbauwerken aus Eisenbeton, um die angestrebte Kreuzungsfreiheit zu gewährleisten. Die Straße war für eine Fahrgeschwindigkeit 100-120 km/h konzipiert, der kleinste Halbmesser der Kurven lag bei 1000 m, ein für damalige Landstraßen unglaublicher Wert.

In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre fanden in Leipzig mehrere internationale verkehrswissenschaftliche Tagungen statt.
Dort wurden neben der HAFRABA auch noch weitere regionale und internationale Straßenprojekte vorgestellt und diskutiert, wie zum Beispiel eine Autofernstraße Berlin - Leipzig - München - Rom. Dieses Projekt wurde später auf die innerdeutsche Teilstrecke reduziert und unter der Bezeichnung MÜLEIBERL (nchen - Leipzig -Berlin) bekannt. Es bildete eine erste Planungsgrundlage für die heutige A9, welche in der gesamten Länge noch vor dem Ausbruch des II. Weltkriegs befahrbar war.
Ebenfalls grundlegende Vorarbeiten für eine heute existierende Autobahn wurden in dem Projekt der Kraftwagenbahn Leipzig - Halle (LEHA) bereits im Jahr 1927 veröffentlicht. Auf dem Projekt der LEHA basierte dann einige Jahre später der Abschnitt zwischen Leipzig und Halle der heutigen A14, in deren Verlauf auch die erste niveaufreie Kreuzung zweier Autobahnen in Deutschland gebaut wurde. Beim Schkeuditzer Kreuz wurde 1936 erstmalig das heute allseits bekannte Kleeblatt realisiert.
Gegenstand umfangreicher Diskussionen waren nicht nur die Strecken allein, sondern auch technische Lösungen für Brücken, Anschlußstellen, Abzweigungen und Kreuzungen von reinen Kraftfahrzeugstraßen sowie die notwendigen Infrastrukturen in deren Umfeld wie Tankstellen und Straßenmeistereien. Besonders die Problematik der Kreuzungen und Abzweigungen gebar viele phantasievolle Lösungen.

Als einfachste und preisgünstigste Variante für eine Kreuzung bot sich der damals noch wenig verbreitete aber heute allgegenwärtige Kreisverkehr an. Seine Nachteile machen sich aber besonders bei hohem Verkehrsaufkommen bemerkbar und er läßt sich nur schwer mehrspurig ausführen.

Neben der davon abgeleiteten ebenen Ringkreuzung, dem Gotischen Kreuz mit 8 Brückenbauten und dem Barock-Kreuz mit 4 Brücken konnte sich trotz ebenfalls vorhandener Schwächen das Rennaissance-Kreuz mit nur einer Brücke durchsetzen. Diese Lösung ist auch als Kleeblatt bekannt und heute in Europa weit verbreitet. Vielfach wird behauptet, dass das Kleeblatt auf den Schweizer Willy Sarbach zurückgeht, der darauf 1928 ein Patent erhielt. Jedoch hatte sich der amerikanische Bauingenieur Arthur Hale bereits 1916 diese Form der Straßenkreuzung patentieren lassen. Das war aber offensichtlich in Europa nicht bekannt, obwohl es bereits 1928 in der Nähe von New York realisiert wurde.

Auch das Problem der einfachen Abzweigung zweier Autobahnen beschäftigte die Fantasie der Ingenieure. Dabei entstanden unzählige Varianten und heute gleicht kaum ein Autobahndreieck einem anderen.

Obwohl die Nationalsozialisten dem Projekt HAFRABA in den späten 1920er Jahren sehr ablehnend gegenüber standen, versuchte der HAFRABA-Verein nach der faschistischen Machtergreifung hartnäckig, den neuen Machthabern die eigenen Pläne doch noch schmackhaft zu machen, sahen sie darin möglicherweise doch die letzte Chance zur Verwirklichung ihres Projektes. Das gelang ihnen dann im Frühjahr 1933 auch recht schnell, versprach diese Idee doch die Erfüllung gleich mehrerer Visionen Hitlers. Leistungsfähige Fernstraßenverbindungen paßten gut in den Rahmen des Großmachtstrebens. Auch versprach ein solch großes Bauvorhaben die Möglichkeit, zumindest zeitweise einer beachtlichen Zahl Arbeitsloser zu Lohn und Brot zu verhelfen und damit die Sympathie vieler Menschen für die Nationalsozialisten zu wecken oder zu festigen. Nicht außer Acht gelassen werden darf auch die Möglichkeit, die Autobahnen für militärische Transporte zu nutzen, obwohl anfänglich die Militärs dieser Option sehr skeptisch gegenüber standen, sahen sie darin doch auch die Möglichkeit für ein schnelles Vorwärtskommen feindlicher Truppen im Falle eines Einmarsches in Deutschland. Nicht zuletzt tangierten diese Ideen Hitlers bekanntliche Vorliebe für Autos auf sehr schmeichlerische Art und Weise, so dass es nicht lange dauerte, bis die neuen Machthaber von dem Projekt begeistert werden konnten. Diese verdrehten dann die Wahrheit, indem die wahre Urheberschaft des Autobahnprojektes systematisch verleugnet und propagandistisch dem Führer selbst zugeordnet wurde. Der irreführende Begriff der "Straßen des Führers" prägte lange über die Nazizeit hinaus die Diskussionen über die Autobahnen.
Hauptproblem eines solch gigantischen Projektes war natürlich die Finanzierung, wobei für die Nazis eine spätere privatwirtschaftliche Nutzung (Gebührenerhebung) der fertigen Straßen nicht zur Diskussion stand, womit wiederum eine rein private Finanzierung ausschied.

Die Autobahnen wurden hauptsächlich über Kredite finanziert. Bis zur Einstellung der Bauarbeiten im II. Weltkrieg wurden 6,5 Mrd. Reichsmark in den Autobahn-Baustellen verbaut, wovon nur für 1,9 Mrd. RM Kostendeckung bestand. Die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft mußte den Bau und Betrieb der Autobahnen bewerkstelligen und sich somit selbst eine ernsthafte Konkurrenz schaffen. Bestand doch bis dahin ein weitestgehendes Monopol der Eisenbahnen insbesondere im Ferntransport, welches langfristig durch die Autobahnen gebrochen wurde. Die Projektierung der Reichsautobahnen wurde der Reichsbahn aufgezwungen; immerhin besaß sie die einzigen Experten für die Trassierung und den Bau von leistungsfähigen Verkehrswegen. Durch die Finanzhoheit der Reichsbahn beim Autobahnbau sollte der Eindruck erweckt werden, dass es zu keiner Konkurrenzsituation zwischen den beiden Verkehrsträgern kommen könne. Möglicherweise haben das damals viele Verantwortliche sogar selber geglaubt.

Nachdem sich die politische Führung den Autobahnbau auf ihre Fahnen geschrieben hatte, ging es mit der Planung und Projektierung außerordentlich zügig voran. Am 01.05.1933 verkündete Hitler den Bau neuer Kraftfahrbahnen und verknüpfte damit propagandistisch das Ziel der Schaffung einer großen Zahl von Arbeitsplätzen.
Am 27.06.1933 wurde das Gesetz zur Errichtung eines Unternehmens Reichsautobahnen erlassen, wozu es am 7. August die erste Durchführungsverordnung gab. In diesem Zusammenhang wurde auch der Posten eines Generalinspektors für das deutsche Straßenwesen geschaffen, welchen Dr.-Ing. Fritz Todt (04.09.1891 - 08.02.1942) am 30.06.1933 von Hitler übertragen bekam, der ihn erst im Februar 1933 persönlich kennen gelernt hatte. Todt hatte 1931 zu Problemen des Landstraßenbaues promoviert und war auch aufgrund seiner beruflichen Erfahrungen ein ausgewiesener Fachmann in Sachen Straßenbau. Er empfahl sich aber für diese äußerst einflußreiche Position vor allem als rücksichtsloser Parteikarrierist und SA-Mann und avancierte in den Folgejahren zu einem der wichtigsten Männer in Hitlers Nähe. Mit Wirkung vom 30.11.1933 wurde sein Amt zu einer obersten Reichsbehörde erhoben, was Todt faktisch einem Reichsminister gleich stellte, immerhin wurde dadurch der Einfluß des Reichsverkehrsministeriums beim Autobahnbau eingeschränkt.

Am 18.08.1933 wurde die HAFRABA zwangsweise in die GEZUVOR (Gesellschaft zur Vorbereitung der Reichsautobahnen e.V.) umgewandelt, die alle gesetzgeberischen Voraussetzungen für den Autobahnbau schaffen sollte und unter maßgeblicher Kontrolle des Generalinspektors Todt stand. Damit war defacto das Ende des Vereins HAFRABA besiegelt und die Nationalsozialisten eigneten sich dessen umfangreiche Vorarbeiten an.
Bereits am 23.09.1933 erfolgte mit gewaltigem propagandistischen Aufwand der erste Spatenstich zum Autobahnbau in der Nähe von Darmstadt, was nur aufgrund der schon weit gediehenen HAFRABA-Planungen möglich war. Die Nazi-Propaganda verfolgte das Baugeschehen auch weiterhin mit größter Aufmerksamkeit. Jede Eröffnung eines fertiggestellten Autobahnteilstückes oder auch nur einer größeren Brücke wurde umfangreich publiziert und stark überhöht kommentiert.

Im Jahr 1933 wurden aber keine nenneswerten Baufortschritte mehr erzielt, der Baubeginn mit dem symbolischen ersten Spatenstich hatte ausschließlich den Charakter einer Propaganda-Veranstaltung. Erst am 21.03.1934 wurde an insgesamt 22 Baustellen gleichzeitig die von Hitler so bezeichnete "Arbeitsschlacht" gestartet, was einem tatsächlichen Baubeginn wesentlich näher kam. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal 20000 Arbeiter auf den Baustellen tätig und im Verlaufe des Jahres 1934 wurden außer grundlegenden Erdarbeiten und einigen begonnenen Brückenbauten kaum vorzeigenswerte Bauergebnisse erzielt. Der gesamte Zementverbrauch vom September 1933 bis Ende 1934 lag bei nur 192000 t, und damit nur rund bei einem Zehntel dessen, was im Jahr 1938 verbaut wurde.
Das im September 1933 festgelegte Grundnetz enthielt neben einigen Verbindungsstrecken folgende Hauptlinien:

A Lübeck -Hamburg - Hannover - Fulda - Würzburg - Heilbronn - Stuttgart - Donaueschingen
B Köln - Frankfurt(M) - Mannheim - Heilbronn
C Königsberg - Stettin - Berlin - Leipzig - Bayreuth - Nürnberg
D Eisenach - Bamberg - Nürnberg - Lindau sowie München - Salzburg
E Ruhrgebiet - Hannover - Berlin
F Ruhrgebiet - Paderborn - Eisenach - Leipzig/Chemnitz - Dresden - Bautzen - Liegnitz - Breslau
G Hamburg - Berlin - Breslau
H Bremerhaven - Bremen - Hannover - Halle - Leipzig
I Köln - Frankfurt(M) - Würzburg - Nürnberg
J Ruhrgebiet - Bremen - Hamburg
Links des Rhein waren keine Strecken beabsichtigt, ebenso sollten die Kraftfahrbahnen im allgemeinen nicht näher als 30 km an die Außengrenzen des Reichs herangeführt werden. Um teure Brückenbauten zu reduzieren und die Kosten für den Grunderwerb in Grenzen zu halten, sollten die Kraftfahrbahnen nicht unmittelbar durch Städte und Ballungszentren hindurch geführt werden.
Die weiteren Planungen konzentrierten sich dann auf folgende fünf Autobahn-Hauptachsen:


In Nord-Süd-Richtung:
  • Strecke Berlin - München (heutige A9)
  • Strecke Hamburg - Stuttgart (streckenweise heutige A7)

in West-Ost-Richtung
  • Strecke Ruhrgebiet - Hannover - Berlin - Ostpreußen (heutige A2)
  • Strecke Ruhrgebiet - Thüringen - Sachsen - Schlesien (heutige A4)
  • Strecke Stuttgart - München - Salzburg (heutige A8)


Ergänzt wurde das Netz dieser Hauptlinien durch eine Reihe von Querverbindungen und Tangenten. In kaum einer Streckenkarte, die in den 1930er Jahren zum Autobahnbau veröffentlicht wurde, tauchten nicht veränderte Varianten und Trassenführungen auf.

Eine Karte mit dem 6900 km umfassenden Grundnetz und seinen Ergänzungslinien sowie dem Stand der Planungen und Bauarbeiten vom 01.05.1935 (Größe 1000 x 835 Pixel, 226 KByte) ist hier verfügbar. Einige dieser damals angedachten Strecken sind nie realisiert worden; andere wurden erst nach dem II. Weltkrieg in Angriff genommen, wieder andere erst nach der deutschen Wiedervereinigung, allerdings dann nicht mehr auf den ursprünglichen Planungen basierend.
Ab 1936 sollten jährlich 1000 km Autobahnstrecken fertiggestellt werden, was aber nur unter größten Mühen 1937 und 1938 gelang.
Um einen möglichst zügigen und von äußeren Problemen freien Baubeginn zu ermöglichen, wurde die Gesellschaft Reichsautobahnen mit sehr restriktiven Enteignungsrechten ausgestattet. Zwar unterschieden diese sich nicht grundlegend von dem Recht der Deutschen Reichsbahn auf Enteignung bei wichtigen Bauvorhaben, aber in dieser Zeit war die Entwicklung des Eisenbahnnetzes in Deutschland weitestgehend abgeschlossen und die Reichsbahn benötigte kaum mehr neue Grundstücke. Völlig anders war das aber bei den Autobahnen. Der gesamte benötigte Grund und Boden mußte zunächst erworben werden, was unter normalen Umständen viele langwierige Rechtsstreitigkeiten zur Folge gehabt hätte. Um jedewede Verzögerung der Baumaßnahmen durch solche Einflußnahmen auszuschließen, wurde der Gesellschaft Reichsautobahnen sogar das Recht eingeräumt, benötigten Grund kurzfristig in Besitz zu nehmen, bevor überhaupt ein Enteigungsverfahren eingeleitet wurde. Zwar mußte die Enteignung dann formaljuristisch binnen 6 Monaten nachgeholt werden und es mußte eine angemessene Entschädigung gezahlt werden, aber ernsthafte Möglichkeiten für Widersprüche gegen die Enteignung hatten die Grundstückseigentümer nicht. Für extreme Härtefälle, zum Beispiel in ihrer Existenz bedrohte Bauernhöfe, wurde ein Umlageverfahren angestrebt, bei dem Ersatzgrund zur Verfügung gestellt werden sollte. Letztlich entschied bei Enteignungsstreitfällen der Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen, gegen dessen Entscheidungen es keine Rechtsmittel gab.

Eine der meist publizierten Vorgaben beim Autobahnbau war die beabsichtigte harmonische Einbindung der Verkehrswege in die Landschaft. Die möglichst nahtlose Verschmelzung von Technik und Natur hatte zum Ziel, dem "Gesamtkunstwerk Reichsautobahn" eine dauerhafte kulturvolle Prägung zu geben. Der Kraftfahrer sollte auf der Autobahn die Schönheit der deutschen Landschaften "erfahren" können. Dabei wurde nicht nur der Linienführung große Aufmerksamkeit gewidmet, auch die Gestaltung von Brücken, Tankstellen und Rastanlagen sowie die Bepflanzung der Mittelstreifen und Böschungen wurde diesem Ziel konsequent untergeordnet. Todt wollte mit den Reichsautobahnen nicht nur die schnellsten, sichersten und modernsten Straßen der Welt bauen, sondern auch die schönsten. Er setzte darum den Stuttgarter Architekten Prof. Paul Bonatz als Berater für ästhetische Fragen beim Autobahnbau ein. Dieser organisierte entsprechende Schulungen der beteiligten Architekten und Bauingenieure auf der Plassenburg in Kulmbach. In vielen Fällen der Streckenführung und bei den Bauwerken ist die Umsetzung dieser Zielstellung auch zweifelsfrei gelungen. Besonders in den Mittelgebirgen sind Autobahnstrecken entstanden, die auch heute noch sowohl auf den außen stehenden Betrachter als auch auf den Kraftfahrer auf der Autobahn einen ungebrochenen Reiz ausüben.
Bei der optischen Betrachtung und Bewertung der Reichsautobahnen sollte jedoch immer beachtet werden, dass auch dieses ästhetische Anliegen ebenso dem Propagandaziel der Darstellung der Autobahnen als die Straßen des Führers untergeordnet war. Das Erscheinungsbild der Autobahnen hatte folglich in jeder Hinsicht makellos zu sein. Was ist aber heute davon geblieben, wo die Benutzung der Autobahnen längst zum Alltag gehört? Statt der harmonischen Verbindung von Natur und Technik wurde inzwischen durch Leitplanken, Sichtblenden, Lärmschutzwände und -wälle sowie oftmals recht sterile Brückenbauten längst eine weitgehende Trennung von Verkehrsweg und umgebender Landschaft erreicht. Das Fahren auf der Autobahn, das nach dem Willen der Erbauer zum Erleben der Landschaft einladen sollte, ist heute verkommen zum möglichst schnellen Transport von A nach B und hat nur noch wenig Bezug zur Umgebung der durchfahrenen Strecke. Bei vielen Kraftfahrern überschattet der Frust über Behinderungen durch Staus und Baustellen längst die Lust am Fahren. Kein Wunder also, wenn die Autobahnen immer häufiger zum rücksichtslosen Rasen verleiten.
Wohl kaum ein anderes Kapitel deutscher Verkehrsgeschichte wurde und wird so kontrovers diskutiert wie der Bau der Auto- bahnen. Das Spektrum der Beurteilungen reicht von "größte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach der Wirtschaftskrise" über "geniale Verkehrsplanung" und der damals allgegenwärtigen propagandistischen Verklärung als "Straßen des Führers" (siehe nebenstehender Buchtitel aus dem Jahr 1937) bis zur Brand- markung als Projekt der Kriegsvorbereitung. Zeitgenössische Kritik an dem Bau wurde unterdrückt, dennoch fragten damals nicht Wenige nach dem Sinn eines solchen Straßennetzes zu einem Zeitpunkt, als der Individualverkehr in Deutschland noch nicht entwickelt war. Es soll hier auch nicht der Versuch unternommen werden, ein endgültiges Urteil über den Autobahnbau zu fällen. Vielmehr sollen einige interessante technikhistorische Tatsachen im Zusammenhang dargestellt werden.

Zweifellos haben die Nationalsozialisten den Bau der Reichs-Kraftfahrbahnen, wie sie bis 1938 auch genannt wurden, begonnen und zielstrebig vorangetrieben. Absolut falsch hingegen ist aber die Behauptung, die bis heute immer noch vereinzelt zu finden ist, dass die Idee zu diesem gewaltigen Bauprojekt von den Nazis oder gar vom "Führer" selbst stammt.
Die Grundidee zum Autobahbau reicht vielmehr zurück bis vor den I. Weltkrieg. Die junge aufstrebende Kraftfahrzeugindustrie, die ersten motorisierten Spediteure (damals "Rollfuhrunternehmer" genannt), weitblickende Kommunalpolitiker, die Industrie- und Handelskammern und viele andere machten sich vielfältige Gedanken über ein leistungsfähiges Straßennetz in Deutschland und Mitteleuropa.

Dabei spielten verschiedene Aspekte eine Rolle, wie hohe Fahrgeschwindigkeit, reibungsloser Verkehrsfluß oder direkte Verbindung wirtschaftlicher Zentren, aber auch die Entwicklung leistungsfähiger Fahrzeuge und deren Zuverlässigkeit. Übergeordnete Zielstellung aller Überlegungen waren immer leistungsstarke Verkehrsverbindungen. Der I. Weltkrieg verzögerte die Entwicklung des Straßenbaus, welche aber auch davor schon mit der rasanten Entwicklung der Kraftfahrzeuge nicht mithalten konnte.
Bereits am 23. Januar 1909 wurde die "Automobil-Verkehrs- und Übungsstraße GmbH" AVUS gegründet. Ihre weit gediehenen Pläne zum Bau einer Test- und Rennstrecke für Automobile sollten noch 1914 umgesetzt werden, was jedoch durch den Ausbruch des I. Weltkrieges verhindert wurde.

Im Jahre 1921 finanzierte der Industrielle Hugo Stinnes den Bau der AVUS zwischen Grunewald und Nikolassee im Südwesten Berlins. Dieses am 24.09.1921 eingeweihte Bauwerk war die erste mehrspurige und kreuzungsfreie Straße in Europa. Wie die späteren Autobahnen besaß sie bereits einen bepflanzten Mittelstreifen. Die 9,8 km lange schnurgerade Strecke war anfangs nicht für den öffentlichen Verkehr freigegeben. Am nördlichen und südlichen Ende besaß sie Kehrschleifen, von denen die nördliche Steilkurve erst 1971 abgebrochen wurde. Die AVUS ist heute Bestandteil der Autobahn A115.