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Deutschland leiht sich Geld für null Prozent Zinsen
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble: Er kann sich über billige Kredite freuen.
So billig kam der deutsche Staat noch nie an frisches Geld: Erstmals in der Geschichte hat er eine Anleihe mit zweijähriger Laufzeit und null Prozent Zinsen versteigert. Dass die Anleger trotz des mickrigen Angebots zugreifen, liegt vor allem an der Euro-Krise.
So billig kam der deutsche Staat noch nie an frisches Geld: Erstmals in der Geschichte hat er eine Anleihe mit zweijähriger Laufzeit und null Prozent Zinsen versteigert. Dass die Anleger trotz des mickrigen Angebots zugreifen, liegt vor allem an der Euro-Krise.
Frankfurt am Main - Die Investoren an den Finanzmärkten leihen Deutschland derzeit Geld fast zum Nulltarif. Schon seit Monaten verlangen sie für Staatsanleihen Renditen, die weit unter der jährlichen Inflationsrate von derzeit 2,1 Prozent liegen. Ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte die ungewöhnliche Entwicklung an diesem Mittwoch: Die Finanzagentur des Bundes wurde Anleihen im Wert von 4,5 Milliarden Euro los, obwohl sie einen Zinscoupon von null Prozent geboten hatte.
Die Nachfrage nach den Papieren war robust: Sie habe das Angebot um das 1,7-Fache übertroffen, teilte die Finanzagentur mit. Weil die Bundesschatzanweisungen mit zweijähriger Laufzeit leicht unterhalb ihres Nennwerts verkauft wurden, bleibt den Investoren immer noch eine Mini-Rendite von 0,07 Prozent - doch das ist so gut wie nichts.
Das Ergebnis sei für den Bund als "wirtschaftlich sehr gut zu bewerten", sagte ein Sprecher der Finanzagentur. "Die Suche nach Qualität wird eindrucksvoll unterstrichen."
Der Euro sinkt auf den tiefsten Stand seit August 2010
Dass die Investoren auf das magere Angebot des Bundes überhaupt eingegangen sind, liegt an der Euro-Krise. Denn Deutschland gilt als einer der letzten verlässlichen Kreditnehmer im Währungsraum. Aus diesem Grund reißen sich die Anleger bereits seit Monaten um deutsche Staatsanleihen. Die Kurse steigen - und im Gegenzug sinken die Renditen auf historische Tiefststände.
Wenn die Finanzagentur neue Anleihen ausgibt, bietet sie deshalb logischerweise auch nur Mini-Zinsen an - oder eben gar keine, wie bei der jüngsten Auktion. Im Januar war ihr sogar das bislang einmalige Kunststück gelungen, mit Schulden Geld zu verdienen. Beim Verkauf von Geldmarktpapieren mit einer Laufzeit von sechs Monaten nahm der Bund damals 3,9 Milliarden Euro ein - bei einer durchschnittlichen Rendite von minus 0,0122 Prozent. Das lag daran, dass der Kurs, zu dem die Papiere verkauft wurden, über dem Nennwert lag.
Was den deutschen Finanzminister freut, zeigt jedoch auch die Zerrissenheit im Währungsraum: Euro-Krisenländer wie Spanien und Italien müssen deutlich höhere Zinsen als Deutschland bieten, um sich frisches Kapital zu leihen. Während zehnjährige Anleihen aus Deutschland am Markt mit einer Rendite von rund 1,5 Prozent gehandelt werden, wollen die Investoren beispielsweise spanische Papiere nur mit mehr als sechs Prozent kaufen. Solche hohe Zinsen verschlechtern die ohnehin angespannte Lage der öffentlichen Haushalte in Südeuropa.
Auch der Euro leidet unter der angespannten Lage der Währungsunion. Am Mittwochmorgen sank er auf bis zu 1,2616 Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit August 2010. Als Grund für den jüngsten Kursrutsch von rund einem halben Cent nannten Händler enttäuschende Konjunkturdaten aus Italien. Dort ist das Verbrauchervertrauen im Mai auf den tiefsten Stand seit 1996 abgerutscht.
Quelle: Der Spiegel (23.05.2012)
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